Weltfrauentag: Fünf Fragen an unsere Gleichstellungsbeauftragte

Seit über hundert Jahren wird am 8. März der internationale Frauentag begangen. Ursprünglich als Initiative im Kampf um Gleichberechtigung, das Wahlrecht für Frauen und Emanzipation von Arbeiterinnen, ist der Tag auch heute noch wichtig. Wie sieht es mit der Gleichberechtigung vor unserer Haustür aus? Wir haben mit Sylke von Kamlah-Emmermann, der Gleichstellungsbeauftragten des Amtes Südtondern, gesprochen. Sie setzt sich seit vielen Jahren engagiert für Gleichberechtigung in der Region ein. Wir danken ganz herzlich für das Gespräch!

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Frau von Kamlah-Emmermann, welche spezifischen Herausforderungen sehen Sie für die Gleichstellung in Nordfriesland und dem ländlichen Raum, in Abgrenzung zu städtischen Gebieten?

Grundsätzlich sagt das Grundgesetz in Artikel 3 Abs. 2 aus, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. Soweit ist der Auftrag also erst einmal regional unabhängig zu betrachten. Bei genauerer Betrachtung gibt es natürlich zwischen Stadt und Land anders geartete Hemmnisse, denn im ländlichen Bereich wird die Benachteiligung vielleicht nicht immer als solche erkannt.

 

Welche Fortschritte oder Erfolge konnten Sie in den letzten Jahren im Bereich der Gleichstellung im ländlichen Raum beobachten?

In den vergangenen 15 Jahren konnte ich hier im Amtsbereich eine deutliche Steigerung der Offenheit gegenüber gleichstellungsrelevanten Themenschwerpunkten beobachten.

Das Thema Gleichstellung wird wahrgenommen und das natürlich auch durch die gesellschaftspolitischen Veränderungsprozesse, die ja nicht nur die Gleichstellung im eigentlichen Sinne des Wortes zwischen Frauen und Männern betreffen, sondern auch weitere Lebensbereiche bis hin zu den Fragestellungen der ganzheitlichen Diversität in Relevanz ziehen.

Frauenspezifische Angebote werden viel besser angenommen und ohne kritisches Hinterfragen auch als selbstverständlich wahrgenommen und vor allen Dingen akzeptiert. Frauen in der Kommunalpolitik sind präsenter und, wenn dies auch nur kleinere positive Schritte sind, so ist doch jeder Step wichtig, vom „Umbau“ der kommunalen Besetzung bis hin zur paritätischen Besetzung von allen Gremien. Erfolge sind ja letztlich auch hier nur messbar, wenn sich die Zahlen von aktiven Frauen in der Kommunalpolitik erhöhen und wenn dadurch ein breiterer gesellschaftlicher Diskussionskonsens entsteht und tatsächlich Selbstverständlichkeiten entstehen. Der Umgang mit den Frauen in Gremien hat sich tatsächlich verändert und ist sachlicher und professioneller, d.h. vorbehaltloser geworden.

 

Welche Projekte oder Initiativen planen Sie, um die Gleichstellung der Geschlechter im ländlichen Raum weiter voranzutreiben?

Gleichstellungsarbeit ist ein kontinuierlicher Prozess und besondere – oft auch wiederkehrende - Meilensteine sind im Jahreslauf zu verzeichnen.

Im Jahresverlauf gibt es gleichstellungsrelevante Aktionstage. Am 14. Februar wird auch im Amtsbereich des Amtes Südtondern in Kooperation mit weiteren Akteurinnen und Akteuren seit nunmehr 5 Jahren die Aktion „One Billion Rising“ durchgeführt, um insbesondere auch Schülerinnen und Schülern zu verdeutlichen, wie wichtig es ist, für Frauenrechte und gegen Gewalt an Frauen einzutreten. Am 8. März wird der internationale Frauentag seit 113 Jahren begangen. Auch im Amt gibt zu diesem Tag immer besondere Aktionen. In diesem Jahr werden wieder Rosen verteilt und eine Ausstellung wird in Niebüll am 8.3. eröffnet unter dem Motto: weiblich, wild und wunderbar. Im März wird in diesem Jahr am 6. März der „Equal pay day“begangen, der aufzeigt, wie groß im Durchschnitt das Einkommensdelta zwischen Frauen und Männern bei identischer Beschäftigung ist. Der internationale Tag gegen Gewalt an Frauen wird alljährlich 25. November begangen. 

All diese Aktionstage sind für die Gleichstellungsbeauftragte – sind für mich Anlass, öffentlichkeitswirksame Kooperationsveranstaltungen durchzuführen oder daran mitzuwirken, um Flagge zu zeigen gegen die vorhandene Benachteiligung von Frauen. Weitere Schwerpunkte sind für mich die Schulung von Frauen und das Beseitigen von Hemmnissen und der Scheu vor der Mitwirkung in politischen Gremien durch gezielte Rhetorikseminare. Die Vernetzung von Frauen zu unterschiedlichsten Themenkreisen bildet einen weiteren wichtigen Bestandteil meiner Tätigkeit

 

Was motiviert Sie persönlich, sich für die Gleichstellung der Geschlechter im ländlichen Raum einzusetzen?

Es gibt keine Probleme der Frau, die nicht auch zugleich Probleme der jeweiligen Gesellschaft wären. (Helga Wex)

Seit 1997 bereits bildet der Schwerpunkt der Gleichstellung für mich eine Hauptgrundlage meines beruflichen Handelns und ich war auch vor meinem Wirken – nunmehr im 16. Jahr - für das Amt Südtondern in einer ländlich geprägten Region in Deutschland tätig und habe mich dort für die Weiterentwicklung der Gleichstellung im ländlichen Raum eingesetzt. Dabei war es nie Selbstzweck, sondern mein Wirken erfolgte im Sinne von Helen Lange, der deutschen Frauenrechtlerin und Lehrerin, die den Satz prägte: „Wenn das Ziel der Frauenbewegung einmal erreicht ist, so wird es kein führendes Geschlecht mehr geben, sondern nur führende Persönlichkeiten“.

Natürlich sind das wohlgeformte Sätze, die nicht immer das widerspiegeln, was Frauen im Alltag brauchen oder was sie bewegt. Aber meine Motivation war immer das Bemühen um gleiche Lebensverhältnisse, gleiche Anerkennung über Geschlechtergrenzen hinweg. Mein Credo bestand immer darin, den Menschen und seine individuellen Bedürfnisse zu sehen und dort einzuwirken, wo es offensichtliche Benachteiligungen zu verzeichnen gibt - und Frauen vor allen Dingen darin zu bestärken, eigene Potentiale abzurufen und nie den Mut zu verlieren, egal in welcher Lebenslage Frau sich gerade befindet. Dabei kann man nicht immer bequem sein, man muss auch die Kraft haben, auf Missstände aufmerksam zu machen, den Finger in die Wunde zu legen und damit für Frauen Stärke zu zeigen und Hilfestellung zu leisten. „Geht nicht gibt’s nicht“ – das ist meine Motivation für die Gleichstellung der Geschlechter im ländlichen Raum. Man darf auch nicht vergessen und ich habe es nicht vergessen, dass Frauen sich zu jeder Zeit aktiv auf vielfältige und unterschiedliche Weise für gesellschaftliche Veränderungen eingesetzt und dabei stets auch gekämpft haben für die Verbesserung ihrer eigenen Lebensbedingungen und Rechte. Ansporn und Motivation zugleich!

 

Zum Abschluss, welche Botschaft möchten Sie anlässlich des Internationalen Frauentages an Frauen im ländlichen Raum richten?

Frei nach dem Motto von Simone de Beauvoir: „Frauen, die nichts fordern, bekommen nichts“ appelliere ich an alle Frauen: Bleiben Sie in diesem Sinne immer motiviert und engagiert, verfolgen Sie Ihre Ziele vorausschauend und konsequent und fordern Sie Ihre Erwartungen und Wünsche auch konsequent ein, denn dann werden Sie auch gehört und kommen den gesteckten Zielen und ihrer Umsetzung näher.

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